Ethnographie

In den Physikatsberichten von 1857 bis 1861 steht über Vohburg geschrieben:

"Die Sitten und Gebräuche sind grösstentheils noch die alten, wie sie ehedem waren. Nur in der neuern Zeit dringt auch ein anderer Geist in dasselbe, freilich nicht immer zum Bessern. 
Schon unsere Bauernjungen, wenn sie kaum der Schule entwachsen sind, fangen an, die aus derselben mitgebrachten bessern Lehren und Sitten zu vergessen und sich recht con amore den rohesten Leidenschaften zu überlassen und die heranwachsenden Burschen nachzuahmen. Es erwacht die Steit- und Rauflust und wir hatten nicht nur einmal den traurigen Fall, dass 15 bis 16jährige Bürschchen mit Messern auf einander losgiengen und sich gefährliche Verletzungen beibrachten. Sind sie nun schon etwas reifer geworden, so kommt noch die Spiel- und Sauflust dazu. Erstere führt dann zu Wirthshaushändeln und Rauf- excessen und Letztere zur vollkommenen Entsittlichung.
Nicht minder roh und frivol sind die Landmädchen. Früh schon beginnen die Geschlechts-Sünden und vorzeitiger als ehedem werden sie menstruirt. Nicht selten gewahrt man bei den reiferen Dirne, besonders auf den Tanzplätzen, eine Schamlosigkeit und Frechheit, die jedes sittliche Gefühl empört. Eine mächtige Beihülfe hiezu liefert das tiefeingewurzelte höchst verderbliche Kammerfensterln.

Gebräuche von ganz seltsamer Art sind in hiesiger Gegend nicht zu Hause. Der grössere Teil derselben fällt auf die Kindstaufen, Hochzeiten und Leichenbegängnisse. Bei all diesen drei Feierlichkeiten wird nun altdeutscher Sitte gemäß tüchtig gezecht, wobei als obligates Getränk Braunbier und Rosoglio (Anm.: Branntwein), auch manchmal ganz gemeiner Fusel kredenzt wird. In neuerer Zeit hat auch der sogenannte Knall – Wein, Pseudo Champagner, in den vermöglichen Bauernhäusern bei Kindstaufen und Hochzeiten Eingang gefunden. Kaffee darf selbst bei wenig Bemittelten nicht fehlen.
Bei Leichenbegängnissen wird nach der Beerdigung und darauffolgenden Gottesdienst(die Begrebnisse werden auf dem Lande hiesiger Gegend sämmtlich in den Vormittagsstunden vorgenommen) – der sogenannte Leichentrunk gehalten, wobei nebst dem Bier der Schnaps nicht fehlen darf.
Dass auf gut deutsch auch bei dieser düstern Veranlassung tapfer gezecht und dem Verstorbenen, zumal wenn er ein reicher Erblasser ist, gar christlich die ewige Ruhe gewunschen wird, ist aber nichts seltenes. So starb vor einigen Jahren im hiesigen Gerichtsbezirke ein Pfarrer mit Hinterlassung eines bedeutenden Vermögens, nach dessen letztem Besingniss die Verwandten desselben nicht weniger als 11, sage eilf Eimer Bier, zum Seelenheil des kargen Herrn Vetters ausleerten. (Anmerkung: In Bayern galt seit dem Jahre 1811: 1 Visiereimer = 68,418 Liter, 1 Schenkeimer = 64,142 Liter.)

Die hier ansässige „vermischte“ Rasse wird wie folgt beschrieben:
Statt den schönen Gestalten der Römer, dem schönen, etwas in die Länge gezogenen Kopfbau und ihren intelligenten Gesichtern und statt der grossen, schlanken und kräftigen Leiber der alten Deutschen, ist der Körperbau unseres Landvolkes durchschnittlich nicht schön zu nennen. Dicke Köpfe, etwas kurze Hälse und mittelmässige Grösse sind die hervorragenden Formen unserer Bauern. Das weibliche Geschlecht ist von gleichem Schlage.
In den Gesichtszügen sowohl des männlichen als weiblichen Geschlechtes liegt mitunter viel Guthmüthiges, aber auch manchmal viel Verschmitztes.
Geistreiche Gesichter sieht man nur selten, aber Kühnheit, Muth und Entschlossenheit brechen zumal bei Aufregung mit Macht und Stetigkeit hervor. Sie kennen dann keine Gefahr, wesswegen sie vortreffliche Soldaten sind. Auch in dem Marktflecken Vohburg hat schon viel Vermischung stattgefunden; 
Die Weiber und Mädchen, die ehedem zeuchene Röcke und Camisole trugen, haben diese Stoffe mit den wohlfeileren aber weniger haltbaren Persen (Anmerkung: Pers = mit Farbe bedrucktes Baumwollzeug). Man sieht dermalen an Feier- und Festtagen sehr viele Corsetten von Seidenzeug und ebensolcher Schürze, dann Schnürleiber mit Unterärmeln, um den Hals schwer seidenes Halstuch und als Kopfbedeckung eine sogenannte Barthaube mit handbreiten schwerseidenen Bändern.

Der Bezirk Pförring ist gleichfalls durch seinen stärkeren Handelsverkehr und durch seine Lage zwischen den beiden Marktflecken Pförring und Vohburg zu den zivilisirteren des Landgerichtes Ingolstadt zu zählen. Der Bezirk Vohburg kommt in Sitten und Sprache dem Vorhergehenden fast ganz gleich. Letztere ist weich und singend und unterscheidet sich auffallend von der Sprache der obern Bezirke. Ihres stetigen Verkehrs mit Ingolstadt, Geisenfeld und ihrer öftern Berührung mit Fremden entwickeln die Bewohner des Ortes Vohburg einen höhern Grad von Intelligenz als die übrigen Bezirke. Der Ort an und für sich hat schon ein städtisches Ansehen. In diesem Bezirke wird viel Hopfen gebaut und in dem schönen Dorfe Münchsmünster eine Fülle der bessten Kartoffeln erzeugt."